Im Krankenhaus
Schwierige Hörsituation: Krankenhaus
Wie es ist, als schwerhörige Person im Krankenhaus zu sein, diese Erfahrung hatten bislang nur sehr wenige unter den Interviewten gemacht und diejenigen kamen zumeist noch ohne Hörgeräte im Alltag recht gut klar.
Ingrid P.* erinnert sich hier an den Krankenhaus-Aufenthalt ihres unterdessen verstorbenen Ehemanns, der seine Hörgeräte bereits vor seiner Erkrankung nur selten getragen hatte und im Krankenhaus dann oft Fragen und Anweisungen des Pflege-Personals nicht verstand, was zu Konflikten führte:
„Ich hab das nur im Krankenhaus mitbekommen, als die Schwestern mit ihm schimpften: Sie hören so schwer, machen Sie doch mal die Geräte rein.
Er war schwer krank, er konnte die gar nicht anfassen. Außerdem haben Männer etwas kräftigere Hände. Und dann soll der da diese kleinen [Hörgeräte einsetzen], es ging nicht, es war schlimm.“
(Ingrid P.* | 82 Jahre | trägt HG regelmäßig | Int17, Pos. 40-42)
Auch Menschen, die zuvor problemlos mit ihren Hörgeräten zurechtkamen, kann es passieren, dass sie durch eine Erkrankung die dazu notwendige Finger-Fertigkeit verlieren (siehe auch das Kapitel Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät). Die offenbar aggressive Reaktion der Pflegenden auf die Kommunikations-Probleme hat vermutlich auch mit dem oft hohen Zeitdruck in Krankenhäusern zu tun.
Die Audio-Therapeutin T1 kennt solche Situationen, sie ist selbst schwerhörig und hat berufliche Erfahrungen im Krankenhaus. Sie spricht sich dafür aus, dem Thema Schwerhörigkeit mehr Raum in der Ausbildung von Pflege-Kräften zu geben:
„Also ich bin davon überzeugt, dass Pflegende sehr viel Zeit sparen, wenn sie einfach immer davon ausgehen, dass jemand schwerhörig sein könnte. Weil die Zahlen so sind, wie sie sind, so hoch. Und in dem Moment, wo ich einen Kommunikations-Stil pflege, der es Schwerhörigen möglich macht, hinterher zu kommen, dass ich da selber mir sehr, sehr viel Zeit erspare, weil ich Nachfragen nicht beantworten muss, weil ich Missverständnisse vermeide. Das geht hin bis zu Fehl-Medikationen, bis zu Fehl-Diagnosen.“
(Audio-Therapeutin T1 | Int30, Pos. 245)
Unter solch einem Kommunikations-Stil versteht sie vor allem „eine ruhige Kommunikation“, die es schwerhörigen, aber auch normal-hörenden Menschen erlaubt, Vertrauen zu fassen und Fragen, Probleme, Bedürfnisse offen zu äußern (das zu tun erfordert einiges Selbstvertrauen, siehe auch das Kapitel Kommunikations-Strategien). Außerdem erfordert diese Kommunikation „professionelle Aufmerksamkeit“ darauf, dass es schwerhörige Menschen sowohl mit als auch ohne Hörgerät gibt und der Hör-Status immer erfragt wird:
„Also da würde ich eigentlich denken, dass es ideal nur so gehen kann, dass vor dem [Kranken-]Zimmer ein Hinweis erfolgt, der Patient ist schwerhörig. Das heißt dann noch lange nicht, dass der sprechende Arzt dann dem Patienten zugewandt spricht. Es kann immer noch die Gefahr sein, dass der anfängt zu brüllen, ja? Dass der viel zu laut spricht, das ist so das Typische, glaube ich.
Aber vielleicht, es wäre dann Schritt für Schritt möglich, das zu lernen. Wenn da ein schwerhöriger Patient ist, dass man mit dem auf einer Höhe ist, auch räumlich. Denn wenn ich von oben runter spreche zu einem, der da im Bett liegt, da ist das Mund-Bild nicht so schön da. Das sind alles Sachen, die meiner Meinung nach noch nicht eingeübt sind.“
(Audio-Therapeutin T1 | Int30, Pos. 261)
Tipps und Strategien für besseres Hören und Verstehen im Krankenhaus als Patientin / Patient finden Sie hier.
Ergebnisse zu der häufiger vorkommenden Hörsituation in ambulanten Arzt-Praxen: siehe das Kapitel Verstehen mit Hörgeräten - in der Arzt-Praxis.
*Die Namen der Interviewten wurden geändert.