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Beim Fernsehen, Telefonieren, Einkaufen

Beim Fernsehen

Fernsehen scheint für viele der Interviewten ein wichtiges Thema zu sein – es wurde häufig von sich aus, ohne Nachfrage unsererseits angesprochen.

Wie gut dabei verstanden wird, kommt zum Teil auf die Gestaltung der Sendungen an. Sprechen einzelne Personen laut, deutlich und nicht zu schnell, können Betroffene ihnen in der Regel gut folgen. Schwieriger wird es, wenn das Gesprochene mit Musik oder lauten Geräuschen unterlegt ist oder bei großen Lautstärke-Unterschieden von Szene zu Szene.

Um die Lautstärke-Einstellung des Fernsehers entspinnen sich bei schwerhörigen Menschen oft Konflikte mit normal-hörenden Angehörigen und Nachbarn:

„Wenn ich bei meiner Schwester bin, da geht’s immer noch. Wir sind alle dreie schwerhörig (lacht). […] Wenn ich aber mit meiner Tochter Fernsehen gucke, dann verstehe ich nur die Hälfte, weil die das so leise einstellt, das rauscht an mir vorbei. Wenn ich aber sage, stell doch mal bisschen lauter, dann tut der das in den Ohren weh, weil das für mich gerade richtig ist, dass ich’s brauche, aber für sie schon wieder viel zu laut ist.“
(Angelika O.* | 65 Jahre | trägt HG regelmäßig | Int16, Pos. 239-241)

 

Wenn sie gerade alleine fernsehen und andere nicht mit der Lautstärke stören möchten, können Betroffene Kopfhörer tragen. Diese Option wurde von mehreren Interviewten regelmäßig genutzt, sie hat aber auch Nachteile, gerade für Menschen, die stärker schwerhörig sind:

„Setz doch Kopfhörer auf. Ich sag, dann hör ich ja das Klingeln nicht mehr, dann hör ich kein Telefon mehr, dann schotte ich mich ja total ab. Und davor hab ich Angst. Also ich muss wenigstens hören, was bei mir im Raum ringsum so ist. Ich könnte nicht mit Kopfhörern fernseh-gucken.

Andere machen das, weil der Partner nur gucken möchte und der andere macht was anderes oder so. Kann jeder entscheiden für sich, aber ich kann es nicht. Also ich muss noch was anderes wahrnehmen können, also ich muss noch ein Klingeln, ja, da verzichte ich eben auf nen Film.“
(Susanne A.* | 60 Jahre | trägt HG regelmäßig |Int01, Pos. 183)

 

Von der Möglichkeit, die Hörgeräte per Bluetooth mit dem Fernseh-Gerät zu koppeln, machte von den Interviewten kaum jemand Gebrauch, auch wenn sie wussten, dass ihre Hörgeräte dazu in der Lage waren. Begründung war meist, dass dies zu kompliziert sei oder man hatte sich mit der Kopfhörer-Lösung so gut arrangiert, dass man wenig Grund sah, sich mit anderen Lösungen zu befassen. Regelmäßig genutzt wurde dagegen die Untertitel-Spur, die sich heutzutage bei den meisten Sendungen am Fernseher einstellen lässt.

 

Beim Telefonieren

Wie auch in der Fragebogen-Erhebung haben viele Interviewte in der qualitativen Untersuchung eher wenig Probleme beim Telefonieren (wenngleich das persönliche Gespräch vor Ort von den meisten als die günstigste aller Kommunikations-Situationen empfunden wird).

Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Telefone und Smartphones heutzutage oft eine recht gute Audio-Qualität haben, automatisch Stör-Schall unterdrücken und dass man die gewünschte Lautstärke der Gesprächs-Partnerinnen und -Partner wie auch des Klingel-Tons selbst einstellen kann – es wird aber mehrfach angemerkt, dass die Qualität verschiedener Telefone und Smartphones in diesen Punkten teils sehr unterschiedlich ausfällt.

 

Als praktisch empfunden wird auch die Fähigkeit moderner Geräte, Nummern mit Namen einzuspeichern, die dann bei Anrufen auf dem Display zu sehen sind – dadurch sind Betroffene bei bekannten Kontakten nicht darauf angewiesen, den Namen des Anrufers oder der Anruferin zu verstehen.

Viele Interviewte nutzen die Lautsprecher-Funktion ihres Telefons, kaum jemand dagegen die Möglichkeit, Smartphone oder Telefon per Bluetooth mit dem Hörgerät zu verbinden.

Einige stärker schwerhörige Interviewte verfügen über spezielle Telefone für Schwerhörige, die lauter einstellbar sind und z. B. auch per Licht-Signal „klingeln“ können. Nach eigener Aussage kommen sie gut mit diesen Telefonen klar.

 

Schwierigkeiten treten eher in Situationen auf, wie sie der 52-jährige Andreas C.* beschreibt, der auf einem Ohr wesentlich schlechter hört als auf dem anderen. Im Büro wird manchmal von ihm erwartet, dass er gleichzeitig mit jemandem vor Ort und mit jemandem am Telefon spricht:

„Also was zum Beispiel nicht funktioniert, ist natürlich ich telefoniere und soll aber die Meinungs-Äußerung von irgendwem weitergeben. Das geht nicht. Also wenn mir da jemand, und frag gleich mal, wo ich dann sage, äh, Moment, so, jetzt nochmal und dann, also so.“
(Andreas C.* | 52 Jahre | trägt HG ab und zu | Int03, Pos. 176)

 

Beim Einkaufen

In belebten Geschäften ist es laut, häufig läuft auch noch Musik im Hintergrund. In Läden mit Selbst-Bedienung ist man weniger davon abhängig, die Verkäufer und Verkäuferinnen zu verstehen, und auch die Anzeige an der Kasse hilft, wenn man den Preis nicht richtig gehört hat. Nichtsdestoweniger kann es auch hier zu Missverständnissen kommen, sobald etwas von der gewohnten Routine abweicht und man sich darüber verständigen muss:

„Die [Verkäuferin] fragt, wenn Sie’s ein bisschen kleiner haben, wär’s okay und ich gebe dann nen Hundert-Euro-Schein hin. Das ist wirklich so passiert, wo meine Tochter mit dabei war. Und da bin ich dann aber hinterher noch mal hin und hab gesagt, das war nicht böse gemeint, ich hab’s überhaupt nicht verstanden. Weil das war mir total unangenehm.“
(Andreas C.* | 52 Jahre | trägt HG ab und zu | Int03, Pos. 137)

 

*Die Namen der Interviewten wurden geändert.


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