Probleme beim Umgang
Haben Sie Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät?
Im AutaRK-Fragebogen konnten die Befragten angeben, ob sie Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät haben.
Die Daten zeigen, dass nahezu alle Befragten im Hinblick auf das An- und Ausschalten, das Einsetzen oder das Herausnehmen der Hörgeräte keine Probleme angeben. Auch im Hinblick auf eher technische Aspekte beim Umgang mit dem Hörgerät wie Einstellen der Lautstärke oder Einstellung von verschiedenen Programmen geben die meisten der Befragten keine Probleme an.
Mit einem Anteil von 28 % am häufigsten berichten die Befragten über Probleme mit dem Hörgerät bei auftretender Feuchtigkeit wie z. B. durch Schwitzen. Fast ebenso viele der Befragten mit 27 % geben an, Probleme beim Tragen der Hörgeräte (z. B. Drücken im Ohr) zu haben.
Eine neue Herausforderung für den Umgang mit den Hörgeräten war das Tragen des Mundschutzes während der Covid-19-Pandemie. Hier gaben 77 % der Befagten an, dadurch ihr Hörgerät nicht mehr so gut handhaben zu können, da sich das Hörgerät mit dem Mundschutz verhedderte.
Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät – Fragebogen-Daten im Überblick
Datengrundlage für die Auswertung sind die N = 170 Teilnehmenden zwischen 55 und 94 Jahren. In den Tabellen „Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät“ sind die Angaben der Befragten zu diesem Aspekt zusammengefasst (siehe Abbildungen rechts oder Tabellen als PDF-Dokument).
Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät und Geschlecht
An der Fragebogen-Erhebung haben sich gleich viele Frauen und Männer beteiligt. Im Hinblick auf das Geschlecht zeigten sich bei den genannten Problemen beim Umgang mit dem Hörgerät keine signifikanten Zusammenhänge (Chi-Quadrat-Test; p>0,05).
Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät und Alter
Im Hinblick auf das Alter zeigte sich, dass die Altersgruppe der 55-64-Jährigen (n = 28) überdurchschnittlich und signifikant häufiger Probleme beim Umgang mit dem Hörgerät angibt. Dies betrifft zwei Aspekte (Chi-Quadrat-Test; p<0,05).
So nennen
-
48,1 % (n = 13) Probleme bei auftretender Feuchtigkeit der Hörgeräte
-
46,8 % (n = 12) Probleme beim Tragen der Hörgeräte
Insgesamt weisen die Daten daraufhin, dass der Großteil der Befragten sich relativ sicher im Umgang mit dem Hörgerät fühlt.
Bedienung der Hörgeräte – ein Blick auf die qualitativen Daten
Einsetzen, Herausnehmen, An- und Ausschalten der Hörgeräte
Auch in der qualitativen Befragung geben die Interviewten mit großer Mehrheit an, keine Probleme beim Einsetzen, Herausnehmen, An- und Abschalten ihrer Hörgeräte zu haben. Ein Grund hierfür mag sein, dass Hörakustikerinnen und -Akustiker oft großen Wert darauf legen, ihren Kundinnen und Kunden diese Fertigkeiten von Anfang an zu vermitteln:
Beim Erst-Termin will ich sichergehen, wenn der Kunde rausgeht, dass er die Geräte einsetzen und herausnehmen kann, dass er sie ein- und ausschalten kann und dass er nochmal nachgucken kann, weshalb alles so anders klingt als bisher und weshalb er auf einmal so viel hört.“
(Hörakustiker A2 | Int21, Pos. 141)
Zusätzlich zu dieser mündlichen Vermittlung fasst Hörakustiker A2 diese Informationen auch noch einmal in einem kurzen Begleit-Schreiben zusammen, das er den neuen Hörgeräte-Trägern und
-Trägerinnen nach dem Besuch in seinem Fachgeschäft mitgibt (siehe auch das Kapitel Gedruckte Informationen).
Batterie-Wechsel
Auch der Wechsel von Hörgeräte-Batterien stellt für die meisten Interviewten keine besondere Herausforderung dar. Allerdings fällt es denjenigen, die ihre Hörgeräte regelmäßig tragen, leichter den Zeitpunkt abzupassen, wann die Batterien gewechselt werden müssen, und immer daran zu denken, Batterien vorrätig und auch unterwegs dabei zu haben (siehe auch das Kapitel Das Hörgerät stört!).
Ein besonders ausgeklügeltes Verfahren, um nicht unverhofft mit leeren Batterien und ohne Ersatz dazustehen, hat die seit vielen Jahren stark schwerhörige Renate H.* entwickelt:
„Ich hab immer nen kleinen Zettel dabei, also zuhause beziehungsweise wenn ich ne Reise mache. Und da steht R und L, also rechts oder links, wann ich die letzte Batterie gewechselt habe. Also im Winter muss ich die nach acht Tagen wechseln, wenn’s kalt ist. Jetzt im Sommer, wenn’s warm ist, sind’s manchmal elf Tage. Und also die Batterien hab ich auch immer mit dabei.“
(Renate H.* | 77 Jahre | trägt HG regelmäßig | Int12, Pos. 99)
Wenn die Finger-Fertigkeit eingeschränkt ist
Wenngleich die meisten Interviewten bei der Bedienung ihrer Hörgeräte wenig Probleme sehen, so gibt es doch Ausnahmen: und zwar Betroffene, deren Finger-Fertigkeit eingeschränkt ist. Die 82-jährige Helga T.* hat z. B. aufgrund einer Arthrose in beiden Händen Schwierigkeiten mit der Fein-Motorik. Ihr fällt es schwer, die Hörgeräte einzusetzen und die Batterien zu wechseln – selbst dann, wenn sie das mit den Hörgeräten mitgelieferte Magnet-Stäbchen benutzt, das das Einsetzen und Herausnehmen der kleinen Hörgeräte-Batterien erleichtern soll:
„Und dann habe ich auch so ein kleines Stäbchen gefunden, wo ein Magnet dran ist, wo man das einsetzen kann. Natürlich ist alles erschwert für die Dinger und das Einsetzen auch in die Ohren ist erschwert für mich. Also da bastele ich doch immer ne Weile und dann versuche ich doch, ohne Ohr-Hörer auszukommen.“
(Helga T.* | 82 Jahre | trägt HG selten | DJ06, Pos. 175)
Sie berichtet davon, dass der Magnet hilfreich ist beim Einsetzen der Batterien, aber nicht stark genug, um sie wieder aus dem Hörgerät herauszubekommen. Dies gelingt ihr nur, indem sie die Geräte umdreht und die Batterien herausschüttelt. Helga T.* muss sich aus gesundheitlichen Gründen tagsüber oft schlafen legen, wofür sie die Hörgeräte ablegen muss. Das lange „Gebastel“, um sie mit ihren arthritischen Händen anschließend wieder in die Ohren zu bekommen, hält sie davon ab, die Hörgeräte regelmäßig zu tragen.
Die Hörakustikerin A1 empfiehlt für Kundinnen und Kunden wie Helga T.* größere, gut zu greifende Geräte, die hinter dem Ohr getragen und am besten mit Akku betrieben werden, um Schwierigkeiten beim Batterie-Wechsel zu vermeiden:
„Ich würde schon beim Hinter-dem-Ohr-Gerät bleiben. Einfach von der Bedienbarkeit, man muss es greifen können. Und diese Geräte haben jetzt zum Teil sogar Akku-Lösungen. Also wer dann sagt, man ist schon motorisch ein bisschen schlechter aufgestellt, der braucht nicht mehr das Gerät ein- und ausschalten, muss es abends nur noch in die Lade-Station reinstellen und früh einfach wieder rausnehmen.“
(Hörakustikerin A1 | Int20, Pos. 66)
Die Leiterin einer Senioren-Residenz schildert hierzu die Ängste, die sie bei den Bewohnerinnen und Bewohnern ihrer Einrichtung beobachtet, nachdem diese ein neues Hörgerät angepasst bekommen haben, das im Gegensatz zu ihrem alten Gerät sehr klein ist:
„Ich bin mir unsicher in der Handhabung, ich fühl die Schalter nicht mehr richtig. […] Ich hab Angst, ich mach diese dünnen Drähtchen, was es ja heute gibt, ich mach die kaputt oder ich hab sie auseinander gerissen, weil einfach die Fein-Motorik fehlt.
Und dann kann ich mir auch gut vorstellen, dass dann so ein Hörgerät einfach auch nicht angezogen wird, weil ich kann auch damit nicht richtig umgehen.“
(Leiterin Senioren-Residenz S1 | Int 24, Pos. 68)
Angst, die oft teuren Hörgeräte durch mangelnde Fein-Motorik zu beschädigen, führt dann dazu, dass die Geräte ungenutzt in der Schublade landen. Seit Jahren geht innerhalb der Hörgeräte-Industrie der Trend hin zu immer kleineren Geräten, die sich vor Außenstehenden gut verstecken lassen. Diesen Trend sieht die Leiterin der Senioren-Residenz für ihre Zielgruppe als sehr kontraproduktiv an:
„Es gibt natürlich auch gerade für jüngere Menschen, die vielleicht ne Schwerhörigkeit entwickeln durch ein Krankheitsbild oder auch halt von der Geburt an, die natürlich gern das verstecken wollen, […] wo man kaum noch was sieht, dass jemand ein Hörgerät trägt – ich glaub, für die Menschen ist das gut.
Aber im hohen Alter, wo vielleicht auch die Fein-Motorik nachlässt und wo man vielleicht auch viele Jahre so ein bisschen ein groberes Modell gewohnt ist, wo ich mit umgehen kann, wo ich auch richtig anpacken kann, wo ich auch den Schalter richtig fühle, ob es an oder aus ist, ob ich’s leiser oder lauter stell. Ich glaub, für so ältere Senioren ist nicht unbedingt, wie seh ich aus, sieht’s jemand, sondern eher, wie gehe ich damit um.”
(Leiterin Senioren-Residenz S1 | Int 24, Pos. 63)
Unter Berufung auf den Hörakustiker, der mit ihrer Senioren-Residenz kooperiert, berichtet die Leiterin, dass viele Bewohner und Bewohnerinnen von Pflege-Einrichtungen „das Standard-Modell von früher“ gegenüber neueren, kleineren Hörgeräten bevorzugen, da es für sie leichter zu bedienen und für langjährige Hörgeräte-Trägerinnen und -Träger oft auch gewohnter ist. Dieses große, „gröbere“, meist hautfarbene alte Hörgeräte-Modell ist für viele Menschen mit stigmatisierenden Vorstellungen belegt (auch für die Interviewten im AutaRK-Projekt, siehe das Kapitel Einstellung zu Hörgeräten).
Für Betroffene mit motorischen und sensorischen Einschränkungen– vor allem stark schwerhörige – liegen die Prioritäten aber oft eher auf guter Handhabbarkeit, als darauf, dem Stigma zu entgehen.
Nutzung verschiedener Hörprogramme
In modernen Hörgeräten lassen sich verschiedene Programme einstellen, die für bestimmte Hörsituationen optimiert sind, beispielsweise um Gespräche in größeren Gruppen besser zu verstehen oder für einen besseren Musik-Genuss.
Hörakustiker A3 sieht in der Möglichkeit, Hörgeräte mit dem Smartphone zu verbinden, eine Entwicklung, die es älteren Menschen erleichtert, Hörprogramme zu bedienen – auch solche, die Berührungs-Ängste mit digitaler Technik haben und zunächst lieber wollen, dass sich ihre Hörgeräte möglichst automatisch auf Hörsituationen einstellen, ohne dass sie selbst etwas am Gerät machen müssen:
„Die [Menschen mit Berührungs-Ängsten] bekommen wir nur dazu, wenn sie ein Problem erleben und dann zu uns kommen und sagen, Mensch, jetzt hab ich das tolle Gerät bei Ihnen gekauft, das arbeitet automatisch und trotzdem verstehe ich in der Familienfeier nicht. Und dann stellt sich raus, dass er das ganz fleißig trägt, und, und, und, und. Und dann hat man ne Möglichkeit, bei ihm zu werben, sich vielleicht dort mit einem erweiterten Bedien-Konzept auseinanderzusetzen. Und da sind zugegebenermaßen die Smartphones ein echter Segen für uns, weil mit den Smartphones wird das Ganze sehr übersichtlich und optisch natürlich viel, viel einfacher bedienbar, als das noch über Knöpfe am Gerät selber möglich war.“
(Hörakustiker A3 | Int23, Pos. 239)
Der Hörakustiker beobachtet auch bei seinen älteren Kundinnen und Kunden die Tendenz hin zur größeren Akzeptanz von Smartphones und da diese häufig dazu genutzt werden, um per Messenger-App (z. B. WhatsApp) mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, nehme auch die Bereitschaft zu, (Hörgeräte-)Apps auszuprobieren. Das gilt allerdings nicht für alle (siehe auch das Kapitel Internet-Nutzung):
„Aber ansonsten hören wir häufig, ach nee, ich hab zwar ein Smartphone, aber das wird mir alles zu kompliziert.“
(Hörakustiker A3 | Int23, Pos. 242)
*Die Namen der Interviewten wurden geändert