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In Vortrag, Theater, Predigt

Gute Licht-Verhältnisse, wenig Stör-Geräusche, eine hör-freundliche Raum-Akustik und technische Verstärkung sind wichtige Faktoren für möglichst gutes Verstehen mit Hörgeräten bei Veranstaltungen.

 

Sprechende im Licht

Bei Vorträgen, in Gottesdiensten oder Sitzungen sehen viele Menschen mit Hörproblemen ergänzend zum Gehörten vom Mund ab. Um dies zu erleichtern, sollten die Sprechenden gut ausgeleuchtet sein, das Licht aber nicht blenden (am besten eignet sich hierfür indirektes, dimmbares Licht, das sich auf aktuelle Bedürfnisse anpassen lässt). 

 

Stör-Geräusche minimieren

Stör-Geräusche wie Rascheln, Murmeln im Publikum oder Verkehrs-Lärm durchs offene Fenster spielen hier ebenfalls eine Rolle, wie gut Betroffene die Inhalte verstehen können. Die 49-jährige Sandra D.* hatte bei einer Veranstaltung einen Weg gefunden, solchen Geräuschen aus dem Weg zu gehen:

„Und dann hatte ich halt rausbekommen, dass man oben auf dem Rang sitzen kann. Also es gab so kleine Balkons am Rand, also so’n bisschen wie in ner Oper. Und da hatte ich mir irgendeinen ausgeguckt und da war ich immer alleine. Weil's mich […] richtig gestört hat, wenn Leute rund um mich laut sind.

Und ich hab’s aber gemerkt, dass ich selber auch gerne rumkruschele. […] Wo ich dann auch denke, ja hier kann ich auch selber ungestört laut sein. Aber ich merke, dass das mir wichtiger ist als anderen Leuten, dass es um mich rum leise ist.“
(Sandra D.*| 49 Jahre | trägt HG ab und zu | Int04, Pos. 274-275)

 

Raum-Akustik ist wichtig

Es kommt aber auch auf die Akustik des Raumes an. Die Interviewte Ingrid P.* hat viel Erfahrung mit verschieden ausgestatteten Versammlungs-Räumen:

„Wenn’s ne große Halle ist, wenn das so hallt, das ist nicht so gut. Wenn viele Menschen drin sind, die schlucken das ja ab irgendwie, den Schall. Oder wenn eben Räume sind, wo nun gar keine Gardinen mehr sind, große Räume, dann ist es auch unangenehmer. Ein Vorhang ist mal gar nicht so schlecht irgendwo in großen Räumen. Die Akustik wird besser.“
(Ingrid P.* | 82 Jahre | trägt HG regelmäßig | Int17, Pos. 406)

 

Hallige Räume sind für Menschen mit Hörproblemen ungünstig. Vorhänge, Teppich-Böden, schall-absorbierende Decken, Wand-Paneele oder auch mobile Schall-Wände können den Nach-Hall reduzieren. Die Norm DIN 18041 „Hörsamkeit in Räumen“ regelt die Anforderungen an eine hör-freundliche Raum-Akustik von Büro-, Konferenz- oder Unterrichts-Räumen (für weitere Informationen dazu klicken Sie weiter unten auf „Weitere Infos / zum Weiterlesen“).

 

 

Einsatz von Zusatz-Technik

Wird vor einem größeren Publikum gesprochen, ist es hilfreich, wenn das Gesprochene mit einem Mikrofon verstärkt wird. Noch hilfreicher ist es, wenn der Schall vom Mikrofon nicht nur über Saal-Lautsprecher, sondern auch über eine induktive Hör-Anlage verbreitet wird (auch „Induktions-Schleifen-“ oder „Ring-Schleifen-Anlage“ genannt).

Solche Hör-Anlagen gibt es mittlerweile in zahlreichen öffentlichen Einrichtungen, Veranstaltungs-Sälen oder auch Kirchen. Sehr viele Hörgeräte verfügen über eine sogenannte T-Spule (auch „Induktions-Schleife“ oder „Hör-Spule“). Wird diese per Schalter oder über die Einstellung eines Hör-Programms am Hörgerät aktiviert, so überträgt die induktive Hör-Anlage den am Mikrofon aufgenommenen Schall drahtlos auf das Hörgerät – damit lassen sich die Entfernung zu den Vortragenden, Stör-Geräusche und eine ungünstige Raum-Akustik ein Stück weit kompensieren.

 

Viele der von uns interviewten Betroffenen besuchten regelmäßig Gottesdienste, Lesungen oder gingen gern ins Kino, wussten aber nichts von der Existenz induktiver Hör-Anlagen. Erklärte man ihnen, wie solche Anlagen funktionieren, vermuteten sie oft – fälschlicherweise – die Option der T-Spule gebe es nur bei modernsten und sehr teuren Hörgeräten.

Die Audio-Therapeutin T1 merkt an, dass viele Hörakustikerinnen und -Akustiker angesichts der Masse an zu vermittelnden Informationen darauf verzichten, auf diese Funktion hinzuweisen, und sie plädiert mit Nachdruck dafür, dass schwerhörige Menschen die T-Spule beim Kauf neuer Hörgeräte einfordern sollten. Aus Sicht der Audio-Therapeutin können induktive Hör-Anlagen einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe leisten, in der Praxis gebe es damit aber manchmal auch Probleme:

„Wobei natürlich die andere Seite der T-Spule dann die ist, dass sehr oft da niemand wirklich zuständig ist an den Stellen, wo ne Schleife liegt. Das ist eben sehr schade. Und da gibt’s also ganz fürchterliche Situationen, die ich auch persönlich erlebt habe: Dass dann im Gottesdienst ein Hörgeschädigter sagt, irgendwie ist die Hör-Anlage nicht richtig eingestellt – und der Pfarrer den dann abkanzelte vor versammelter Gemeinde, ja, dass dann vielleicht irgendwas nicht richtig am Hörgerät eingestellt sei. Also das gibt's alles.“
(Audio-Therapeutin T1 | Int30, Pos. 26-28)

 

Hör-freundlich gestaltete Vorträge

Neben guter Raum-Akustik, möglichst wenig Stör-Geräuschen und technischer Verstärkung kann eine Predigt oder ein Vortrag selbst auch mehr oder weniger hör-freundlich gestaltet sein. Die schwerhörige Sandra D.* beschreibt, wie gut sie verschiedenen Vortrags-Formen folgen kann:

„Bei wirklich wissenschaftlichen Vorträgen, die inhaltlich schwer sind, hab ich das Gefühl, dass es mir sehr schwer fällt, zuzuhören. Ich glaube, dass man eben – wie viel kann man kompensieren? Also wenn es ein leichter Vortrag ist oder wenn Redundanzen drin sind oder, naja, Kirche oder so, das kann ich eben gut verstehen. Aber jetzt eben ein wissenschaftlicher Vortrag, wo alles wirklich nur einmal gesagt wird und da muss man's können, dann ist eben da der Punkt, wo ich rausfalle.“
(Sandra D.*| 49 Jahre | trägt HG ab und zu | Int04, Pos. 255)

 

Besonders wichtige Punkte in einem Vortrag zu wiederholen, hilft nicht nur Menschen, die schwer hören, ihn besser zu verstehen.

Weitere Maßnahmen, um Vorträge hör-freundlicher zu gestalten, sind:

 

  • laut, deutlich und langsam sprechen – dabei aber nicht über-artikulieren oder schreien (ersteres macht das Mundbild schwerer absehbar, letzteres verzerrt den Stimm-Klang und erschwert dadurch das Verstehen)

  • den richtigen Mikrofon-Abstand einhalten (nah genug, um gut zu hören zu sein, weit genug weg, um den Klang nicht zu verzerren)

  • einfache, nicht zu komplizierte Sätze mit wenigen Fremdworten

  • Fremdworte, Eigennamen, Uhrzeiten, Adressen zusätzlich als Text sichtbar machen (z. B. per Beamer auf eine Leinwand projizieren)

  • die wichtigsten Punkte in Text-Form zugänglich machen – am besten schon vor dem Vortrag, fehlende Informationen lassen sich besser erschließen, wenn man vorher schon weiß, worum es gehen wird

Schrift-Dolmetscher und -Dolmetscherinnen sind hilfreich, wenn es um die Verschriftlichung/Visualisierung des gesamten Vortrages und der nachfolgenden Diskussion geht. Dies hat auch den Vorteil, dass ggf. im Nachgang die überarbeitete Mitschrift zur Verfügung gestellt werden kann.

 

Weitere Tipps und Strategien für besseres Hören und Verstehen bei Veranstaltungen finden Sie auch auf der Seite: Tipps und Strategien - Im Konzert, Theater und bei Vorträgen.

Viele dieser Verbesserungs-Möglichkeiten lassen sich auch für andere Gruppen-Situationen anwenden.

 

*Die Namen der Interviewten wurden geändert. 

 

Weitere Infos / Zum Weiterlesen  

Der Deutsche Schwerhörigenbund e. V. hat einen Ratgeber zu induktiven Höranlagen herausgegeben:

Matthias Scheffe (2017): IndukTive Höranlagen – Aufbau und Funktion. Für Menschen mit Hörschädigungen, Bauplaner und Veranstalter. Berlin.

Link zum Ratgeber: https://www.schwerhoerigen-netz.de/fileadmin/user_upload/dsb/Dokumente/Information/
Service/Ratgeber/refeRATgeber1_Induktive_Hoeranlagen.pdf 
(zuletzt geprüft am 28-06.2022)

 

Auf der folgenden Seite bietet der Deutsche Schwerhörigenbund e. V. eine ständig aktualisierte und erweiterte Übersichts-Karte, in welchen öffentlichen Gebäuden, Theatern, Kinos usw. induktive Höranlagen und weitere Hör-Technik vorhanden sind.

Zur Übersichts-Karte: https://www.schwerhoerigen-netz.de/induktive-hoeranlagen/ 
(zuletzt geprüft am 28.06.2022)

 

Das Projekt hörkomm.de der DIAS GmbH wurde mit Förderung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aufgebaut. Ein Ergebnis dieses Projekts ist der online verfügbare Leitfaden „Barrierefrei hören und kommunizieren in der Arbeitswelt“, in dem man sich ausführlicher über induktive Höranlagen und weitere Hör-Technik (wie z. B. FM- oder Infrarot-Anlagen) informieren kann sowie über Möglichkeiten, die Raum-Akustik zu verbessern.

Link zum Leitfaden:
https://www.hoerkomm.de/leitfaden.html 

(zuletzt geprüft am 28.06.2022)

 

Ausführliche Informationen zu DIN 18041 Hörsamkeit von Räumen finden Sie im von Christian Nocke herausgegebenen Kommentar zur DIN-Norm:

Literatur: Christian Nocke (Herausgeber) (2018): Hörsamkeit in Räumen. Kommentar zu DIN 18041. Berlin: Beuth-Verlag.

Autorinnen und Autoren: Tobias Kirchner, Annika Moll, Reinhard O. Neubauer, Christian Nocke, Carsten Ruhe

 

Einen kurzen Überblick zu den Anforderungen und Planungs-Richtlinien der DIN-Norm finden Sie auch auf der Webseite der Vital-Office Unternehmens-Gruppe.

Link zur Webseite: https://www.vital-office.de/din-18041-horsamkeit-in-raumen-%E2%80%93-anforderungen-empfehlungen-und-hinweise-fur-die-planung-von-buros-konferenz-und-unterrichtsraumen 
(zuletzt geprüft am 28.06.2022) 

 

 


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