Nutzerfreundlichkeit
Gedruckte Informationen: Lesbar, übersichtlich, verständlich – aber auch hilfreich?
Im AutaRK-Fragebogen konnten die Befragten angeben, ob aus ihrer Sicht gedruckte Informationen zum Beispiel lesbar, anschaulich, übersichtlich und hilfreich bei Schwierigkeiten mit dem Hörgerät sind und somit einige Aspekte zur Barrierefreiheit bzw. Zugänglichkeit von Informations-Quellen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention aus Sicht der Befragten erfüllt sind.
Die Daten aus unserer Befragung zeigen, dass 92 % der Befragten finden, dass die gedruckten Informationen zu Hören und Hörtechnik aus ihrer Sicht lesbar sind. Auch die Übersichtlichkeit mit einem Anteil von 89 % und die Verständlichkeit mit einem Anteil von 86 % werden von den Befragten positiv beurteilt. 82 % der Befragten geben an, dass die gedruckten Informationen anschaulich sind, jeweils 77 % finden die gedruckten Informationen gut zu merken bzw. gut umzusetzen.
Trotz dieser positiven Einschätzung der Lesbarkeit, Übersichtlichkeit, Verständlichkeit und Anschaulichkeit finden nur 61 % der Befragten die gedruckten Informationen hilfreich im Hinblick auf etwaige Schwierigkeiten mit dem Hörgerät.
Nutzerfreundlichkeit von gedruckten Informationen – Fragebogen-Daten im Überblick
Von den N = 170 Teilnehmenden im Alter zwischen 55 und 94 Jahren gaben 81,7 % (n = 139) an, gedruckte Informations-Materialien erhalten zu haben.
In der Tabelle oben rechts sind die Angaben der Befragten zu Aspekten zur Barrierefreiheit von gedruckten Informations-Materialien zusammengefasst (siehe Abbildung rechts und Tabelle als PDF-Dokument).
Nutzerfreundlichkeit von gedruckten Informationen und Geschlecht
Im Hinblick auf das Geschlecht zeigten sich bei den oben genannten Aspekten keine signifikanten Zusammenhänge (Chi-Quadrat-Test; p>0,05).
Nutzerfreundlichkeit von gedruckten Informationen und Alter
Im Hinblick auf das Alter zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang (Chi-Quadrat-Test; p<0,05) bei der Frage, ob die gedruckten Informationen hilfreich bei Schwierigkeiten mit dem Hörgerät sind. So findet die Altersgruppe der 75-84-Jährigen mit 81,6 % (n = 31) die erhaltenen Materialien häufiger hilfreich als der Durchschnitt.
Nutzerfreundlichkeit von gedrucktem Informations-Material –
Eindrücke aus der qualitativen Befragung
Viele Interviewte können sich nicht mehr an Informations-Material erinnern
Den größten Informations-Bedarf zu Hören und Hörtechnik haben Betroffene in der Regel vor und während der Anpassung ihrer ersten Hörgeräte. Mit wenigen Ausnahmen können sich die Interviewten aus der qualitativen Befragung allerdings nicht mehr an die Informations-Materialien erinnern, die sie in diesem Zeitraum erhalten oder selbst recherchiert hatten.
Das liegt einerseits daran, dass die Erst-Anpassung oft mehrere Jahre her ist. Andererseits hatten sich viele Interviewte zum damaligen Zeitpunkt aber auch von der Informations-Flut überfordert gefühlt – sowohl, was Informationen aus dem Internet angeht, als auch gedrucktes Material – was in vielen Fällen dazu führte, dass sich die Interviewten entweder gar nicht erst durch die Material-Mengen durchgearbeitet oder zumindest vieles davon wieder vergessen hatten.
Stattdessen hatten sie ihre Fragen lieber im persönlichen Gespräch vor Ort mit ihren Hörakustikerinnen und -Akustikern oder HNO-Ärzten und -Ärztinnen geklärt (siehe auch die Kapitel Informations-Kanäle sowie Nutzung gedruckter Informationen). Diesen Hintergrund gilt es mitzubedenken, wenn man sich die weiter oben aufgeführten Ergebnisse unserer Fragebogen-Erhebung ansieht.
Hilfreiches und weniger hilfreiches Informations-Material
In den Werbe-Broschüren und Prospekten der Hörgeräte-Hersteller vermissen einige Interviewte wichtige Informationen. Nach Eindruck des 69-jährigen Jürgen I.* beispielsweise werden dort vor allem die Produkte angepriesen, aber nicht, wie man im Alltag mit den Hörgeräten umgeht:
„Da steht dann nur drauf, was es macht, das Hörgerät. Was es bringt, dass man das wieder hört und da wieder hört und auch so, […] dass man über Bluetooth das hören kann. Oder es gibt noch viele Produkte, die man dazukaufen kann. Sowas steht in den Prospekten. Aber nicht, wie man das Hörgerät benutzt und was man dafür braucht. Denn das ist eine Sache des Hörakustikers.“
(Jürgen I.* | 69 Jahre | trägt HG regelmäßig | Int05 B9, Pos. 1374)
Aber auch der Umfang und die Gestaltung des Informations-Materials können den Betroffenen den Zugang erschweren. Hörakustiker A2 berichtet über die Erfahrung seiner Kundinnen und Kunden mit Bedienungsanleitungen von Hörgeräten:
„Bedienungsanleitung liest keiner. Die Bedienungsanleitungen sind teilweise richtig senioren-freundlich im Schriftgrad zehn geschrieben, haben teilweise siebzig Seiten und ich weiß genau, es gibt keinen besseren Liebestöter, als den Leuten so eine Bedienungsanleitung mitzugeben.“
(Hörakustiker A2 | Int21, Pos. 128)
Als ideal sehen die Interviewten – Betroffene wie auch die Hörakustiker und -Akustikerinnen – schriftliches Informations-Material als Ergänzung zum und Zusammenfassung vom persönlichen Gespräch vor Ort im Hörakustik-Fachgeschäft (siehe auch Nutzung gedruckter Informationen).
Wie gedrucktes Informations-Material gestaltet sein sollte
Das ergänzende und zusammenfassende schriftliche Material, das die Hörakustikerinnen und -Akustiker ihrer Kundschaft nach deren Besuch vor Ort mitgeben sollen, ist nach Aussagen der interviewten Hörgeräte-Trägerinnen und -Träger am besten so gestaltet:
-
Schrift ausreichend groß und klar zu lesen,
-
Zeilen-Abstände groß genug sind, „damit man nicht so verrutscht“,
-
mit großen Kontrasten (also z. B. keine helle Schrift auf hellem Grund),
-
Text übersichtlich gegliedert (z. B. mit Zwischen-Überschriften, Spiegel-Strichen),
-
leicht verständlich formuliert (sparsam mit Fach-Begriffen, nicht zu komplizierte Sätze),
-
Außerdem soll der Text nur die wichtigsten Informationen enthalten und auf keinen Fall zu lang sein (bevorzugter Umfang: etwa ein A4-Blatt mit Vor- und Rückseite, höchstens zwei).
Informationen zur Gestaltung von gedruckten Informations-Materialien auf einen Blick finden Sie hier.
Gedrucktes Informations-Material ist bei Zielgruppe beliebter als Informationen aus dem Internet
In der qualitativen Befragung bekommt man den Eindruck, dass viele Interviewte gedrucktes Informations-Material allgemein für etwas glaubwürdiger halten als Informationen aus dem Internet – insbesondere Bücher oder Informationen aus etablierten Zeitschriften wie z. B. Apotheken-Zeitschriften, die in der Zielgruppe eine beliebte Informations-Quelle zu Themen rund um die Gesundheit sind (siehe auch das Kapitel Informations-Kanäle).
Es gibt aber auch noch weitere Gründe, warum die meisten Interviewten gedrucktes Informations-Material gegenüber Informationen aus dem Internet bevorzugen. Die 82-jährige Ingrid P.* ist im Seniorenrat ihrer Heimatstadt und spricht nicht nur für sich selbst, sondern auch für die vielen Seniorinnen und Senioren, mit denen sie Kontakt hat:
„Das Papier ist immer noch das allerbeste, für Rentner ist das das allerbeste zum Nachgucken. […] Ich hab unten im Haus [Nachbarn], die haben da ein Telefon grad noch. Aber mehr wird nicht gemacht, Computer schon lange nicht und all solche Sachen. Da kenn ich viele, die haben einfach aufgegeben, ja? Von meinen Leuten, und das sind nun ehemalige Lehrer, oh Gott, wie viel haben denn da Laptop? Oder Computer haben vielleicht noch nicht mal fünfzig Prozent. Der Rest braucht das nicht, der lebt so.“
(Ingrid P.* | 82 Jahre | trägt HG regelmäßig | Int17, Pos. 517-518)
Mit zunehmendem Alter nutzen Hörgeräte-Träger und
-Trägerinnen das Internet immer seltener (siehe auch das Kapitel Internet-Nutzung). Aber auch Interviewte, die nach eigener Aussage gut mit dem Internet klarkommen, sehen Vorteile von Informations-Material, das auf Papier gedruckt ist – unter anderem, weil man sich bei Texten mit vielen Informationen selbst Wichtiges markieren kann:
„Weil ich dann in der Lage bin, das vor mir zu sehen, mit anderen Buchstaben und da kann ich mir auch was drankrakeln. Rot ist bei mir immer Gefahr, Achtung, was Negatives. Grün ist was Positives und so sieht das bei mir auch manchmal kunterbunt aus oder dann mach ich an der Seite nen Strich. […] Und nach nem Vierteljahr – was war da? Da war doch was? Und da bin ich froh, dass ich was Gedrucktes habe, und dann bin ich auch froh über meine bunte Krakelei. Dann erkenne ich das schneller, da muss ich mir nicht nochmal die Schwerpunkte erarbeiten.“
(Sabine E.* | 70 Jahre | trägt HG in bestimmten Situationen | Int11, Pos. 141-142)
*Die Namen der Interviewten wurden geändert.